
Für viele Bewerber ist die Frage nach ihren Stärken und Schwächen der unangenehmste Teil des Vorstellungsgesprächs. Das liegt unter anderem daran, dass sie von klein auf gelernt haben, dass Eigenlob nicht gern gesehen wird. Auch das Zeigen von Schwächen ist etwas, das eher vermieden wird, da man sich dadurch angreifbar zu machen scheint. Tatsächlich kommt es darauf an, das richtige Gleichgewicht zu finden und sich weder mit dem eigenen Können zu brüsten noch tatsächliche Defizite zu kaschieren. Wie Sie diese Gratwanderung hinbekommen und sich auf angemessene Weise selbstreflektiert zeigen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Warum fragen Personaler nach Ihren Stärken und Schwächen?
Es gibt sicher sehr viele Anlässe, den Job zu wechseln. Oft ist spielt eine gewisse Unzufriedenheit eine Rolle. Die Auslöser für die Unzufriedenheit können mannigfaltig sein. Dort ist es der Chef, hier das Arbeitsklima. Unzufriedenheit sollte jedoch nie der Hauptgrund sein.
Mit diesen drei Fragen reflektieren Sie Ihre Motivation und haben so direkt einige positive Argumente für den zukünftigen Arbeitgeber.
Welche Vorzüge hat eine neue Stelle / konkret die ausgeschriebene Stelle?
Welche Ziele haben Sie?
Warum kann die neue Stelle sie erfüllen?
Natürlich sind dies nur drei Fragen und es macht Sinn, sich auch weit darüber hinaus Gedanken über den Stellenwechsel zu machen. Ein neuer Job kann Sie weiterbringen und Ihre Lebensqualität steigern, sofern Sie bemerken, dass Sie in Ihrer jetzigen Stelle beispielsweise nicht vorankommen.
Achten Sie bei allen Anlässen auf jeden Fall darauf, sich nicht zu rechtfertigen. Ein Jobwechsel und Ihre Motivation sind legitim, Rechtfertigungen sind nicht nötig und lassen Sie meist unsicher wirken.
Ideal ist es immer, wenn Ihre Argumente nicht von einem Job weg, sondern zu Ihrer neuen Stelle hin gerichtet sind.
7 Gründe für den Jobwechsel
Es gibt viele gute Beweggründe, um den Job zu wechseln. Einige von diesen stellen wir Ihnen im Folgenden vor.
1. Weiterentwicklung
Dieser Anlass wird wohl mit am häufigsten genutzt, ist aber auch einer der nachvollziehbarsten Gründe. Weiterentwicklung ist ein Teil des Lebens. Unkritisch ist es, wenn Sie schon länger in der gleichen Position arbeiten und gerne mehr Verantwortung übernehmen möchte.
Ebenso kann es bedeuten, dass Sie Neues oder Ihr Kompetenzprofil weiter entwickeln möchten.
Ein gutes Beispiel ist hier:
“Da ich meine beruflichen Ziele weiter verfolgen möchte, ist es jetzt an der Zeit für mich, neue Herausforderungen zu suchen.”
“Bei meinem derzeitigen Arbeitgeber ist betrieblich bedingt leider keine Spezialisierung machbar. Nun suche ich nach einer Stelle, die mir dies ermöglicht.”
2. Der familiäre Grund
Ein Anlass, der einen Arbeitgeber in aller Regel nichts angeht, aber er kann bei einem Wechsel wirklich enorm helfen. Der Partner hat eine neue Stelle, Sie haben sich getrennt oder wollen eine Familie gründen. Vielleicht ist der Nachwuchs auch schon da. Bei so einem Beweggrund kann der Arbeitgeber schwer etwas dagegen haben. Hier gilt in der Kürze liegt die Würze.
Eine Formulierung könnte sein:
“Aufgrund von familiären Veränderungen, bin ich auf der Suche nach neuen Herausforderungen.”
“Durch eine familiäre Veränderung habe ich nun die Möglichkeit, mich auch beruflich neu zu orientieren und weiterzuentwickeln.”
3. Neue Herausforderungen
Wenn Sie die Herausforderungen benennen können, sind sie ein legitimer Grund, einen Jobwechsel anzugehen. Es mag zwar so sein, dass diese Begründung in mindestens jeder zweiten Bewerbung vorkommt, das macht ihn jedoch nicht weniger relevant. Sagen Sie ihrem zukünftigen Arbeitgeber, welche Herausforderung Sie genau an diesem Job anziehend finden
Sie könnten etwa so begründen:
“Da ich nach neuen beruflichen Herausforderungen suche ist mir Ihre Stelle direkt ins Auge gefallen.”
“Ich strebe gerne neue berufliche Herausforderungen an und glaube, dass ich diese durch Ihre Stelle finde.”
4. International arbeiten
Bei einem Interesse an einer internationalen Stelle ist der Anlass klar. Gerade wenn Ihr Unternehmen nicht im Ausland tätig ist, ist ein Wechsel kaum zu vermeiden. Daher braucht diese Begründung auch absolut keine weitere Erklärung mehr.
Eine gute Begründung lauter hier:
“Durch einige Auslandstätigkeiten ist in mir der Wunsch greift meine Tätigkeit nun international auszuüben.”
“Eine internationale Herausforderung ist genau das, was ich suche, um meine Erfahrungen weiter auszubauen.”5. Das Kompetenzfeld soll erweitert werden
Innerhalb ihres Unternehmens ist keine höhere Position mehr erreichbar? Auch das ist ein sehr gut nachvollziehbarer Grund, einen Berufwechsel anzugehen. Hier wird es nur wichtig, dass Sie weniger Ihre Qualifikationen als Ihre Kompetenz für den Job deutlich machen. Denn diese haben Sie durch Ihre jetzige Stelle abgedeckt.
Ein Beispiel dafür lautet:
“Nach langjähriger Projekterfahrung möchte ich nun meine Kompetenz als Führungskraft weiter ausbauen.”
“Ich habe nun einen Punkt in meinem Beruf erreicht, wo ich meine Kompetenz gerne mit Ihrer Hilfe weiter ausbauen möchte.”
6. Die neue Arbeitsumgebung
Organisationsstrukturen sind ein guter Grund, einen Jobwechsel zu wollen. Langsame Hierarchien oder keine Hierarchie? Egal wohin und mit welchen Organisationsstrukturen, Sie sollten immer gründlich recherchieren, ob die Stelle auch wirklich die genannte Struktur besitzt. Geben Sie diesen Anlass an und das Unternehmen findet sich darin nicht wieder, kann es genauso gut ein Genickbruch für den Job werden.
Eine Formulierung dafür kann sein:
“Ich war XX Jahre in einem großen Unternehmen tätig und möchte nun in Ihrem Start-up ein neues spannendes Umfeld kennenlernen.”
“Das Agenturleben war lange Jahre mein zuhause, jedoch möchte ich nun ein anderes Umfeld und daraus resultierende andere Arbeitsweisen kennenlernen.”
7. Die gesundheitliche Gründe
Auch die Gesundheit spielt beim Wechsel des Berufs eine Rolle. Hier ist aber nicht gemeint, dass Sie Ihrem potenziellen neuen Arbeitgeber sagen, dass Ihr Job sie eventuell krank macht. Es muss vor allem durch den Jobwechsel erkennbar sein, dass sich Ihre Lage auch wirklich verbessert. Ist der Rücken angegriffen, sollte Ihre neue Stelle auch rückenschonender sein.
Gesundheitliche Beweggründe können so begründet werden:
“Aus gesundheitlichen Gründen kann ich meine alte Arbeit nicht mehr fortführen. Ich habe jedoch mittlerweile einige Erfahrungen gesammelt, die ich gerne bei Ihnen nutzen möchte.”
Stärken richtig hervorheben
Da es darauf ankommt, welche Stärken Sie nennen und wie Sie diese im Vorstellungsgespräch präsentieren, finden Sie im Folgenden einige Hinweise, wie Sie für Ihr Vorstellungsgespräch geeignete Stärken auswählen und was Personaler überzeugt.
Welche Stärken Sie nennen sollten
Bei der Auswahl der Stärken sollten Sie folgende Punkte berücksichtigen:
- Welche Fähigkeiten sind für die ausgeschriebene Stelle gefragt?
- Welche besonderen Erfahrungswerte haben Sie?
- Wodurch haben Sie in der Vergangenheit bereits Erfolge erzielen können?
- Welche allgemeinen Soft Skills haben Sie, die Sie sich gezielt angeeignet haben?
Nennen Sie Stärken, die für die Erfüllung der Aufgaben der ausgeschriebenen Stelle hilfreich sind. Vielleicht bewerben Sie sich als Systemintegrator und beherrschen eine effektive Fehleranalyse für IT-Systeme. Aber auch Fähigkeiten, die Sie als wertvolles Teammitglied hervorheben, können Sie nennen, zum Beispiel, wenn Sie schon häufig erfolgreich zur Kompromissbildung beigetragen haben oder sogar über eine Mediatorausbildung verfügen.
Gratwanderung zwischen Angeberei und Understatement
Manche Menschen haben Probleme damit, die eigenen Verdienste sachlich darzulegen, ohne dem Impuls zu folgen, das Gesagte gleich wieder zu relativieren. Andere möchten Ihr Können ganz besonders unterstreichen und neigen dazu, es mit Eigenlob zu übertreiben. Der richtige Weg liegt zwischen beiden Extremen. Stellen Sie Ihre Stärken möglichst sachlich dar. Ein wenig Begeisterung ist natürlich erlaubt, es soll ja nicht lustlos wirken. Vielleicht hilft es Ihnen, sich vorzustellen, Sie würden einen Kollegen beschreiben, den Sie wertschätzen.
Praxisbeispiele nennen
Um Ihre Stärken zu untermauern, sollten Sie unbedingt praktische Beispiele nennen. Deshalb ist es auch sinnvoll, sich auf Stärken zu konzentrieren, für die Sie geeignete Beispiele anführen können. Wenn Sie Berufseinsteiger sind, können auch schulische oder persönliche Erfolge genannt werden. Vielleicht ist es eine Ihrer Stärken, dass Sie komplexe Sachverhalte gut verständlich vermitteln können. Als Praxisbeispiel könnten Sie hier Nachhilfestunden in Mathematik oder Latein nennen, die Sie gegeben haben. Wenn Sie bereits etliche Berufsjahre hinter sich haben, können Sie stattdessen vielleicht auf eine Vielzahl von erfolgreich durchgeführten Workshops verweisen.
Schwächen in angemessener Dosis eingestehen
Bei den Schwächen gilt es, eine passende Dosis zu finden. Ein Bewerber, der auf Nachfrage im Vorstellungsgespräch gar keine negativen Aspekte nennen kann, könnte unvorbereitet, unreflektiert oder sogar überheblich wirken.
Legen Sie sich ein bis zwei Punkte zurecht. Dabei sollten Sie Folgendes beachten.
Welche Schwächen Sie nennen können
Die negativen Eigenschaften, die Bewerber nennen, sollten glaubwürdig sein, und es sollte sich um Defizite handeln, an denen man gut arbeiten kann. Aspekte, die sie hier anführen können, sind zum Beispiel
- nur wenig Erfahrung in einem Randbereich der ausgeschriebenen Stelle,
- leichte Defizite in einer Fremdsprache,
- nicht zentrale Soft Skills (wie Präsentations- oder Durchsetzungsfähigkeit).
Wenn Sie mangelnde Erfahrung nennen, hat dies den Vorteil, dass Sie diese ausgleichen können. Besonders positiv wirkt es natürlich, wenn Sie an dem Defizit bereits aktiv arbeiten.
Diese Schwächen lieber vermeiden
Die genannten Punkte sollten nicht marginal sein, zugleich aber auch kein Problem für Ihre zukünftige Tätigkeit darstellen. Wenn Sie sich als Führungskraft bewerben, sollten Sie keine Angst haben, vor Gruppen zu sprechen, oder Durchsetzungsschwierigkeiten anführen.
Nennen Sie aber auch keine Schwächen, die vermeintlich gar keine sind, wie zum Beispiel:
- Ich bin manchmal zu gewissenhaft.
- Ich bin zu perfektionistisch.
Das wirkt unnatürlich und so, als wollten Sie Ihre eigentlichen Schwachstellen verbergen.
Führen Sie aber auch keine allzu gravierenden Probleme an:
- Ich habe immer wieder mit Mobbing am Arbeitsplatz zu tun.
- Ich habe einen extremen Kontrollzwang.
Extreme sind auf jeden Fall ungeeignet.
Heben Sie hervor, dass Sie an Ihren Schwachstellen arbeiten
Am besten nennen Sie leichte Schwächen, die Sie an sich festgestellt haben, und heben zugleich hervor, wie Sie an diesen arbeiten. Es ist auch erlaubt, frühere Defizite zu nennen, die Sie bereits in den Griff bekommen haben. Auch hier gilt, dass Sie Praxisbeispiele nennen und besonders Erfolge herausstellen sollten. Zum Beispiel:
- Um meine Englischkenntnisse zu verbessern, habe ich einen Intensivkurs für Business-Englisch belegt.
- Ich habe manchmal Schwierigkeiten, mich kurz zu fassen. Daher habe ich in meiner letzten Stelle bewusst Aufgaben übernommen, bei denen ich es üben konnte, Sachverhalte pointiert zu präsentieren. Es gelingt mir bereits wesentlich besser.
Kurz gesagt: Zeigen Sie Ihrem Gegenüber, dass Sie Ihre Schwachpunkte kennen, bewusst angehen und dass Sie Interesse daran haben, sich persönlich weiterzuentwickeln.
Fazit
Mit etwas Übung können Sie es schaffen, die eigenen Stärken und Schwächen im Vorstellungsgespräch so zu vermitteln, dass der Gesprächspartner ein positives Bild von Ihrer Fähigkeit zur Selbstreflexion bekommt. Ein authentischer Umgang mit den eigenen positiven sowie negativen Eigenschaften wirkt selbstbewusst und kann Ihnen auch Sympathiepunkte einbringen.











